Mittwoch, 02 September 2015 00:15

Wurfsäcke im Vergleich - welcher lohnt sich für mich am meisten?

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Eine kleine Auswahl von Wurfsäcken im Vergleich Eine kleine Auswahl von Wurfsäcken im Vergleich DS Vision

Spätestens, wenn es irgendwann mal so kommen sollte, dass man sich in seinem Paddler-Leben dazu entscheidet häufiger im Wildwasser unterwegs zu sein steht man im Kanushop seiner Wahl vor den Wurfsäcken, seltener auch "Wurfleine" oder "Rettungswurfleine" genannt. Dies ist ein Rettungsgegenstand der auf Wildwassertouren tendenziell in jedes Kajak gehört. Hier gibt es in einem gut sortierten Shop meist nicht nur einen einzigen Wurfsack, sondern direkt eine ganze Auswahl. Diese unterscheiden sich meist in die Länge des Seils und der damit verbundenden Größe. Jeder Hersteller setzt dazu noch auf unterschiedliche Farben und kleine Features, z.B. Reflexionsstreifen, die Möglichkeit ihn mit einem Gurt zu tragen, etc. Neben der Länge des Seils ist auch der Durchmesser sowie das Herstellverfahren sowie verwendete Materialien ein Unterschied, die erst bei genauerem Hinsehen auffallen. Das Material wird meist erst in wirklich brenzligen Situationen interessant oder wenn man wirklich Druck auf das Seil kommt. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn ein Flachenzug gebaut wird. Schwimmfähig muss natürlich jedes Wurfsackseil sein. Eine auffällige Farbe ist ebenso sinnvoll.

Bevor es daran geht sich einen Wurfsack auszusuchen sollte man vorher die wichtigste Frage für sich geklärt haben:

Was wird der häufigste Einsatzbereich dieses Wurfsacks sein?

Mögliche Antworten könnten z.B. sein:

  • Zum Absichern von schweren Stellen im Wildwasser II-III
  • Für den nächsten Norwegen-Trip mit viel Wuchtwasser
  • Als Zweitwurfsack, wenn es mal schnell gehen muss
  • Als Ausbildungsgegenstand und häufigen Einsatz

Kurz danach werden wahrscheinlich Fragen aufkommen wie:

Wie viel Komfort brauche ich bei dem Wurfsack?

  • Möchte ich ihn gerne am Körper mit einem Gurt tragen?
  • Möchte ich einen trichterförmigen/konischen Wurfsack haben, der leichter zu stopfen ist?
  • Ziehe ich einen Wurfsack mit einem dickeren, angenehmeren Seil einem dünneren, steiferen Seil vor?
  • Wie wichtig ist mir "Luft nach oben", wenn mal mehr Kräfte als normal auf das Seil auswirken?
  • Ist mir die Größe nicht so wichtig oder möchte ich einen platzsparenden Wurfsack haben, den ich immer "am Mann" tragen kann oder sogar in der Schwimmweste?
  • Ist mir Sichtbarkeit, Flugfähigkeit und Auftrieb wichtig oder ein kompakter Sack, beschränkt auf das Nötigste?

Und abschließend: Wie viel möchte ich überhaupt ausgeben?

Also gehen wir einmal näher auf die einzelnen Eigenschaften ein:

Seillänge

Die meisten Wursäcke haben eine Länge zwischen ca. 15-30 m. Ein kürzeres Seil macht im Kajak-Wildwassersport als Wurfseil absolut keinen Sinn. Die meisten Wurfsäcke werdet ihr mit einer Länge zwischen 18 und 20 m finden. Das ist die Länge, die sich in den letzten Jahren in den als sinnvoll herausgestellt hat. Längere Seile um die 30 m machen z.B. dann Sinn, wenn ihr viel auf breiteren, wuchtigeren Flüssen unterwegs seid. Das könnte z.B. das beliebte Reiseziel Norwegen sein, in dem es im Vergleich zu den Alpen viel mehr breite Wildwasser-Flüsse gibt.

Bruchlast und Seilkonstruktion

Im Handel werdet ihr vornehmlich geflochtene Seile oder Kernmantel-Seile (Link zu Wikipedia) finden. Letztere haben ein verflochtenes Seil, welches den Kern ausmacht und die meiste Kraft aushält sowie einen Mantel, der dieses Seil vor Beschädigung schützt. Solche Seile sind vor allem im Klettersport zu finden. Darüber hinaus unterscheidet man in dynamische und halbstatische Seile, die einen unterschiedlichen Dehnungsgrad bei Spannung haben. Meist werdet ihr dynamische Seile vorfinden. Halbstatische Seile sind häufig mit einer höheren Bruchlast oder Höchstzugkraft ausgestattet, die in kN (Kilonewton) oder daN (Dekanewton) angegeben werden. 1 kN entspricht etwa der Gewichtskraft, die auf eine Masse von 100 kg wirkt. Ein Wurfsack mit einer Bruchlast von 5 kN würde also bedeuten, dass er bis zu 500kg oder 1/2 t aushält. Aktuelle Wurfsäcke auf dem Markt haben eine Bruchlast von ca. 3 bis hinzu ca. 25 kN. Hierbei ist jedoch vor allem der Wert wichtig, wie viel das geknotete Seil aushält, da bei jedem Wurfsack vorne im Aufbewahrungsbeutel ein Knoten zu finden ist. Dieser liegt teils deutlich unter der eigenen Bruchlast des Seils. Alte und lädierte Seile haben ebenso eine deutlich geringere Bruchlast, da zum einen die UV-Strahlen der Sonne, Wind und Wetter dem Seil zu schaffen machen und das Reiben an Steinen, Griffen, Karabinern oder anderen Seilen die kleinen Fasern beschädigt.

Als ungefähren Wert kann man sagen, dass euer Wurfsack in etwa eine Höchstzugkraft von 5 kN im geknoteten Zustand haben sollte, wenn der Einsatz vor allem die Personenrettung eines schwimmenden Paddlers sein sollte. Für Paddler, die mehr auf Expeditionen, langen Paddelurlauben, im äußerst schwierigen Wildwasser (IV und mehr) unterwegs sind und natürlich alle, die einfach viel paddeln dürfen es gerne schon einmal 7 kN oder mehr sein.

Form

Die konische oder auch "Trichterform" hat sich weitestgehend durchgesetzt. In den letzten Jahren kamen jedoch auch viele Wurfsäcke mit einer flachen, handtaschenförmigen Bauweise auf den Markt. Zielgruppe der letzten Form sind vor allem die Paddler, die ihren Wurfsack in, bzw. unter der Schwimmweste tragen. Hier steht der Komfort einer schnellen Verfügbarkeit sowie eines unkomplizierten und angenehmen Transports einer suboptimalen Flugfähigkeit, dünnen und damit unangenehmen Seil mit einer geringen Bruchlast gegenüber.

Meine Empfehlung: Einer "normaler" konisch aufgebauter Wurfsack sollte bei jedem Wildwasserpaddler zu finden sein. Die Vorteile überwiegen meiner Meinung nach einfach. Dazu ist der Kaufpreis nicht übermäßig höher, wenn man die Vorteile sieht. Ein flacher Wurfsack macht vor allem als "Zweitwurfsack" Sinn, wenn man den Wurfsack nicht bei jeder kurzen Stellenbesichtigung im Wildwasser III aus seinem Boot friemeln möchte. Für viel mehr hingegen nicht.

Sonstiges

Wie bereits in der Einleitung kurz angedeutet gibt es neben den oben genannten Kriterien eine Vielzahl weiterer aber weniger wichtigen Eigenschaften. Hier sollte jeder abwägen, wie wichtig einem diese sind. Hier eine Auswahl:

  • Trageschlaufen am Beutel
  • Wurfgriff
  • Möglichkeit einen Gurt einzufädeln und damit um die Hüfte zu schnallen
  • Reflexionsstreifen für bessere Sichtbarkeit bei weniger Licht
  • grelle Signalfarben
  • Verschließmöglichkeit des Beutels (Tenax-Verschluss, Druckknopf, Gummiseil, Steckschnallen,...)
  • Sicherungsmöglichkeiten für die Bestigung im Boot
  • Größe des Auftriebkörpers im Beutel
  • konische Form für das leichtere befüllen, "stopfen" des Wurfsacks
  • Kennzeichnungsmöglichkeit, um Verwechselung zu vermeiden

Fazit

DEN Wurfsack für alle Lebenslagen wird es nicht geben, doch wenn man die erste Frage gewissenhaft beantworten kann ist man schon einmal einen großen Schritt näher gekommen, nämlich den für seine Bedürfnisse passendsten Sicherungsgegenstand zu finden. Gut ausgebildete Kanuladenbesitzer, Kanulehrer oder Trainer können meist zusätzlich Unterstützung und Beratung unterbreiten. Ein Wurfsack sollte dann im Wildwassser zu einem ständigen Begleiter werden, wenn auch hoffentlich wenig im Ernstzustand genutzt.

Gelesen 43364 mal Letzte Änderung am Samstag, 07 November 2015 01:14
David Seehausen

David, Jahrgang '89, ist ausgebildeter BVK-Kanulehrer Kajak sowie Swiftwater Rescue Technician (SRT). Neben der Arbeit im Kanuverein ist er in NRW in einer Kanuschule tätig und darüber hinaus in der Deutschen Kanujugend Ansprechpartner für die Sicherheit.

Bei Kajak+ kümmert er sich neben dem Videoschnitt um die Drehbücher und Moderationen. Von Zeit zu Zeit schreibt er über Themen aus dem Kajaksport, die hier veröffentlicht werden.

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